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Hofnachfolge Gleichstellung in der Landwirtschaft

Traditionelle Geschlechterbilder und Vererbungsmuster wirken sich bei der Hofnachfolge immer noch stark aus, wie die Zahlen der Landwirtschaftszählung zeigen.

Der Frauenanteil bei den Betriebsleitungen basiert auf oft familiären Entscheidungen, die zum Teil schon Jahrzehnte zurückliegen. Der gesellschaftliche Wandel mit einer stärkeren Forderung nach mehr Gleichstellung zwischen den Geschlechtern ist auch in der Landwirtschaft angekommen. Welche Rolle Frauen zukünftig in der Betriebsleitung spielen, zeigt der Blick auf die Hofnachfolge, die regelmäßig jedoch nur bei Betrieben der Rechtsform Einzelunternehmen erhoben wird.

Der Frauenanteil bei der geregelten Hofnachfolge lag im Jahr 2020 bei rund 18 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2010 ist er um vier Prozentpunkte gestiegen. Trotz der positiven Entwicklung wirken sich unter anderem traditionelle Geschlechterbilder und Vererbungsmuster immer noch sehr stark aus. Denn dieser Trend des Anstiegs der weiblichen Hofnachfolge kann nicht davon ablenken, dass auf vielen Betrieben weiterhin die traditionell männliche Hofnachfolge die Regel ist. Nach einer Sonderauswertung des Thünen-Instituts lässt sich feststellen, dass Betriebsleiterinnen ihre Betriebe in mehr als einem Drittel an eine Nachfolgerin übergeben, während Betriebsleiter dies nur in rund 16 Prozent der Fälle tun.

Frauen übernehmen strukturell andere Betriebe als Männer. Der Anteil weiblicher Hofnachfolge ist am höchsten in den Betriebsgrößenklassen unterhalb von 50 Hektar LF, am niedrigsten in den Betriebsgrößenklassen zwischen 50 und 500 Hektar und steigt jenseits der 500 Hektar wieder an. Hier schlägt sich die größere Bedeutung von Frauen in den juristischen Personen in Ostdeutschland, die auf eine höhere Erwerbstradition von Frauen in der DDR zurückgeht und sich bis heute auch in Bezug auf Führungspositionen fortsetzt, nieder.

Geregelte Hofnachfolge in landwirtschaftlichen Betrieben der Rechtsform Einzelunternehmen nach Größenklassen der landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF), Deutschland gesamt
LF unter.../LF von... bis... (ha) LF (ha) Anzahl Betriebe davon mit männlicher Hofnachfolge davon mit weiblicher Hofnachfolge
unter 5 3 726 1 776 81,1 % 18,9 %
5 – 10 48 522 6 722 76,2 % 23,8 %
10 – 20 119 396 7 982 80,6 % 19,4 %
20 – 50 339 462 10 113 83,3 % 16,7 %
50 – 100  539 864 7 610 85,4 % 14,6 %
100 – 200 578 299 4 243 85,4 % 14,6 %
200 – 500 425 022 1 483 85,6 % 14,4 %
500 – 1 000 166 358  253 84,2 % 15,8 %
1 000 und mehr 55 380  42 81,0 % 19,0 %
Insgesamt 2 276 028 40 224 82,2 % 17,8 %

 Quelle: Statistisches Bundesamt, Hofnachfolge in landwirtschaftlichen Betrieben der Rechtsform Einzelunternehmen, Landwirtschaftszählung 2020.

Betrachtet man nur die landwirtschaftlichen Einzelunternehmen zeigt sich, dass auch in Bezug auf die gesicherte Hofnachfolge in den ostdeutschen Bundesländern die weibliche Hofnachfolge mit Ausnahme von Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein vor allem im Haupterwerb häufiger ist als im früheren Bundesgebiet. Dass Frauen im Durchschnitt kleinere Betriebe übernehmen als Männer, zeigt sich auch im der soziökonomischen Betriebstypen: Frauen übernehmen häufiger Betriebe im Nebenerwerb als Männer. Die Schlusslichter in der weiblichen Hofnachfolge sind Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg.

Frauenanteil in der Betriebsleitung und in der geregelten Hofnachfolge nach Bundesländern und Deutschland gesamt, nur Einzelunternehmen, wegen geringer Fallzahlen ohne die Stadtstaaten

BundeslandAnteil weibliche Betriebsleitung, alle EinzelunternehmenDarunter nur HaupterwerbsbetriebeAnteil weiblicher Hofnachfolge, alle EinzelhandelsunternehmenDarunter nur Haupterwerbsbetriebe
Brandenburg20,4 %19,8 %26,1 %24,1 %
Mecklenburg-Vorpommern18,5 %15,5 %20,6 %19,2 %
Sachsen17,3 %15,8 %19,7 %18,6 %
Sachsen-Anhalt15,5 %11,9 %22,7 %21,0 %
Thüringen17,9 %16,5 %20,6 %16,3 %
Baden-Württemberg9,9 %8,2 %16,2 %14,6 %
Bayern9,5 %7,5 %16,7 %15,0 %
Hessen11,5 %9,2 %19,9 %20,5 %
Niedersachsen10,2 %7,0 %17,1 %15,3 %
Nordrhein-Westfalen10,9 %8,6 %18,1 %15,0 %
Rheinland-Pfalz12,6 %10,1 %19,7 %20,1 %
Saarland14,0 %11,9 %23,3 %14,3 %
Schleswig-Holstein11,7 %7,5 %22,4 %18,3 %
Deutschland10,9 %8,5 %17,8 %15,9 %

Quelle: Statistisches Bundesamt, Hofnachfolge in landwirtschaftlichen Betrieben der Rechtsform Einzelunternehmen, Landwirtschaftszählung 2020; Statistisches Bundesamt, Landwirtschaftliche Betriebe - Arbeitskräfte und Berufsbildung der Betriebsleitung/Geschäftsführung, Landwirtschaftzählung

Eine vertiefte Analyse der im Rahmen der vom BMLEH beauftragten Landfrauenstudie erhobenen Befragungsdaten hat mit Hilfe statistischer Verfahren die Bestimmungsgründe für eine weibliche Nachfolge bestimmt. Die Hofübergabe ist demnach nach wie vor stark beeinflusst von regionalen Übergabetraditionen. Den statistisch stärksten Einfluss hat demnach die Geschwisterkonstellationen. Sobald mindestens ein Bruder unter den Geschwistern ist, sinkt die Wahrscheinlichkeit weiblicher Hofnachfolge. Weitere positive Einflussfaktoren sind eine kleine Betriebsgröße, Lage der Betriebe in Stadtnähe und die Organisation der Betriebe als Personengesellschaft eher als Einzelunternehmen. 

Landwirtschaftliche Berufsbildung der Betriebsleitung

Laut den Ergebnissen der Agrarstrukturerhebung 2023 zur Berufsbildung der Betriebsleitung oder Geschäftsführung von landwirtschaftlichen Betrieben haben etwa 64 Prozent der Betriebsleiter eine landwirtschaftliche Berufsbildung abgeschlossen, während rund 36 Prozent ausschließlich über praktische landwirtschaftliche Erfahrungen verfügen. Bei den Betriebsleiterinnen zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Nur 40 Prozent haben eine landwirtschaftliche Berufsbildung abgeschlossen, während der Großteil (60 Prozent) lediglich praktische landwirtschaftliche Erfahrung vorweisen kann. Ein weiterer Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Betriebsleitern besteht darin, dass Betriebsleiterinnen, relativ gesehen, häufiger ein Agrarstudium als ihre männlichen Kollegen vorweisen.

Ein Grund für diese Unterschiede in der Berufsbildung kann in der traditionellen Vererbungspraxis („Vom Vater auf den Sohn“) und der unterschiedlichen Sozialisation für bestimmte Arbeiten innerhalb der landwirtschaftlichen Familien liegen. Sie kann insbesondere bei Töchtern häufiger zu einer Entscheidung für ein landwirtschaftliches Studium statt einer landwirtschaftlichen Berufsausbildung oder das Einschlagen eines nicht landwirtschaftlichen Bildungswegs führen,  wenn sie als Hofnachfolgerin ursprünglich nicht vorgesehen sind. Ändert sich dann später die Hofnachfolge zugunsten der Töchter, dann sind diese prozentual gesehen häufiger entweder nicht-landwirtschaftlich oder akademischer ausgebildet als Söhne, wie die Zahlen der Offizialstatistik zeigen.